Demo Bericht und Update zu dem Mord an Ferhat Mayouf

Am 29.08.20 gingen wir auf die Straßen und zum Knast Moabit, um unserer Wut über den Mord an Ferhat Mayouf Ausdruck zu verleihen und ihm zu gedenken. Mit zwischenzeitig mehr als 150 Menschen, darunter auch die Angehörigen von Ferhat, wurde immer wieder laut u.a. „Ferhat Mayouf das war Mord – Widerstand an jedem Ort“ gerufen und vorm Knast mehrere Redebeiträge gehalten. Als erstes kam ein Gefangener aus dem Knast Moabit zu Wort. In seinem aufgezeichneten Redebeitrag schilderte er, wie sich der Abend des 23.07.20, also der Tag, an dem Ferhat ermordet wurde, zugetragen hat [die Schilderungen findet ihr auch hier]. Danach folgten Redebeiträge von Angehörigen von Gefangenen aus Moabit sowieso von den Gruppen Death in Custody, Migrantifa Berlin und Sabot44. Es wurde auf institutionellen Rassismus, Racial Profiling, Tote durch Gewahrsam, Justiz und Knäste aufmerksam gemacht sowie immer wieder betont, ob in Redebeiträgen oder Parolen, dass Knäste abgeschafft gehören. Alle Redebeiträge wurden auch vom Radio Aktiv Berlin und Radio Durchbruch aufgenommen (Link von Radio Durchbruch folgt). Um Ferhat zu gedenken, wurden Kerzen gegenüber vom Knast aufgestellt.

Wir wussten, dass am 29.08 viel in Berlin los sein wird – Faschos riefen zu dezentralen Aktionen und Angriffen auf, antifaschistischer Widerstand wurde überall gebraucht. Deswegen freut es uns sehr, dass wir trotzdessen ca. 150 Menschen geworden sind, welche für Ferhat Mayouf auf die Straßen gingen. Ein besonderes Dankeschön geht an Free Mumia Berlin, welche die Demo zusammen mit uns auf die Beine gestellt haben und natürlich an den Bruder von Ferhat und all seinen Angehörigen, welche ebenfalls auf der Demo sprachen und an Ferhat erinnerten.

Um den Erinnerungen an Ferhat gerecht zu werden, werden wir an dieser Stelle außerdem auf Kommentare auf Twitter und in Leitmedien eingehen. Sie verzerren das Bild über den Mord an Ferhat – wollen ihn sogar teilweise selbst dafür verantwortlich machen. Seinen Angehörigen aber auch anderen Gefangenen ist es wichtig, diese wirklich wiederlichen Verdrehungen der Realität nicht kommentarlos stehen zu lassen.

Derzeitig wird behauptet, dass Ferhat angeblich seine Zellentür verbarrikadiert hätte. Durch die Möbel in der Zelle sei wohl die Zellentür sehr heiß geworden und hätte sich verzogen – weshalb sie von Wärter*innen nicht geöffnet werden konnte.

Ein Gefangener aus Moabit schildert dagegen folgendes: „Unsere Zellentüren, auch Ferhats, sind aus Stahl. Stahl wird nicht einfach so sehr heiß – es braucht sehr lange und gegenbenfalls weitere äußere Einflüsse, damit Stahl wirklich hohe Temperaturen erreicht. Zelleninventar ist nicht so ein äußerer Einfluss. Zudem öffnet die Zellentür nach außen. Was ich damit sagen will: die Zellentür war erstens nicht so heiß, dass man sie nicht hätte öffnen können. Der Rahmen hat sich nicht verzogen, das ist eine dreiste Lüge. Ich habe mir die Zellentür nochmal angesehen – sieht so aus wie immer. Wäre die Tür wirklich sehr sehr heiß gewesen, wäre der Lack, der sich an der Tür befindet, geplatzt. Dem ist aber nicht so, die Tür sieht immer noch aus wie vor dem Brand. Es gibt an der Tür keine Spuren einer Verzerrung durch einen Brand. Dass die Tür verbarrikadiert gewesen sein soll, zweifel ich auch sehr stark an. Und selbst wenn dem so wäre – die Tür geht wie gesagt nach außen auf, man hätte sie also selbst dann öffnen können. Die Justiz dreht es sich einfach so zusammen, damit sie aus der Nummer ‚fein‘ raus kommen – aber Fakt ist, dass sie ihn aus der Zelle rausholen hätten können.“

Am 08.08.20 brannte es im Übrigen wieder in einer Zelle des Knastes Moabit. Dieses Mal öffneten die Wärter*innen die Tür und der Brand wurde sofort gelöscht. Der betroffenen Gefangene überlebte, wobei er dafür offensichtlich bestraft wurde: nach dem Brand wurde er von 07:30-14:30 Uhr in den Bunker eingesperrt, erst danach kam er ins Krankenhaus.

Wir bleiben dabei: im Knast kann es keinen Selbstmord geben. Ein Selbstmord setzt den freien Willen der ausübenden Person voraus. Davon kann in einer Zwangsinstitution wie Knast jedoch nie die Rede sein. 

Wir rufen dazu auf, den Mord an Ferhat Mayouf durch den Knast Moabit weiterhin auf allen Kanälen öffentlich zu machen und ihm weiterhin zu gedenken. Und weil erinnern kämpfen heißt, rufen wir ebenfalls dazu auf, die Verantwortlichen für diesen Mord, sei es der Knast selbst, die Schließer*innen, den rassistischen Justizapparat und all jene, welche für seine Aufrechterhaltung sorgen, öffentlich zu benennen und zur Rechenschaft zu ziehen.

Vergesst Ferhat nicht! Kämpft für ihn und alle anderen Ermordeten durch die Justiz, Bullen und Knäste – in Berlin und Überall!