Durch Gefangene wurde uns mitgeteilt, dass ein Gefangener am 09.08.21 im Knast Bützow gestorben ist. Wie bei fast allen Verstorbenen in Knästen spricht die JVA von Suizid – aber Gefangene und wir wissen, dass der Gefangene aufgrund der Umstände im Knast beschließen musste, sein Leben zu beenden.
Das Justizministerium MV hält natürlich das Bild des Siuizides aufrecht.
„Am 09. August 2021 ist in der JVA Bützow ein 32-jähriger Strafgefangener tot aufgefunden worden. Er hatte sich am Fenstergitter stranguliert. Sofort eingeleitete Wiederbelebungsmaßnahmen blieben erfolglos. Der alarmierte Notarzt konnte nur noch den Tod des Inhaftierten feststellen. Die Staatsanwaltschaft ist informiert worden.“
Knästen gestalten das Leben für Menschen so unerträglich, dass viele oft keinen anderen Ausweg sehen, als dieses zu beenden. Von einem Suizid zu sprechen, welcher impliziert, die Entscheidung sei selbst gewählt, ist angesichts der Tatsache, dass es die Zustände sind, welche Gefangene in den Tod treiben, einfach nur eine wiederliche Falschdarstellung.
Gefangene schrieben uns dazu folgende Zeilen:
„Der Inhaftierte war Heroinabhängig. Er wurde von heute auf morgen in den kalten Entzug geschickt. Von der medizinischen Abteilung hat er weder Medikamente gegen die Schmerzen, noch Schlafmittel bekommen. Dies kann man auch als glatte Körperverletzung bezeichnen.
Nach einem Streit hatte man seinen Zellenkollegen verlegt und ihn allein gelassen, obwohl bekannt war, das er Suizid gefährdet war.
Nach dem Tod des Inhaftierten, sei es unmittelbar zu ausfallenden Äußerungen des Personals gekommen. Unter anderem soll ein Bediensteter Gesagt haben, das nun ein Brot mehr am Start sei und ein Junkie weniger der uns Sorge bereitet.“
Ein anderer Gefangener aus einem Berliner Knast dazu:
„Tatsache ist jedoch, es wird nur wenig zu den Ursachen benannt und dies hätte aber den Suizid des Inhaftierten erklärt, dass er einfach und mal wieder im Stich gelassen wurde und dies durch die Justiz selbst. Dies sind nun mal die Fakten, die auch wir aus Bützow gehört hatten.“
Die sogenannte „Siuzidrate„ in Knästen in der BRD ist mehr als doppelt so hoch im Vergleich zu draußen. Das liegt vor allem daran, dass das gesamte System hinter den Mauern darauf ausgelegt ist, Menschen zu brechen und erniedrigen. Gleichzeitig gibt es für die meisten Menschen hinter Gittern, welche über solch eine Entscheidung nachdenken, keine angemessene psychologische Betreuuung (geschweige denn Entlassung wegen, so laut Gesetz, „Haftunfähigkeit“). Das führt dazu, dass Gefangene über derartige Überlegungen garnicht sprechen und es somit auch oft nicht verhindert werden kann – denn die Äußerung von Suizidgedanken führt in der Regel zu noch mehr Repression, z.B. zum Videoüberwachter Bunker in Totalisolation.
Dass derartige repressive Maßnahmen wenig hilfreich sind erklärt sich von selbst – dass deswegen Knäste generell zerstört werden müssen, auch. Für die Freiheit, für das Leben!
Wir sind in Gedanken und in Trauer bei den Angehörigen und Freunden.