Triggerwarnung: im folgenden Text geht es um sexuelle und psychische Gewalt, die Verlinkungen zum Täter beinhalten ebenfalls solche Inhalte
Wir haben immer wieder zur Solidarität mit von Repression Betroffenen aufgerufen. Schon allein deswegen können und wollen wir zum Outing von Johannes D. nicht schweigen. Im Outing und im Statement der Antifa Friedrichshain wird deutlich gemacht, dass Johannes D. ebenfalls Repressionbetroffener ist – wobei es nun in der Verantwortung seiner Solidaritätsstrukturen und seines Umfeldes liegen würde zu benennen, welche Repression ihn betrifft. Da er aber vor 5 Tagen geoutet wurde und bis heute weder von Solistrukturen noch vom Umfeld etwas kam, werden wir diese Aufgabe nun übernehmen: Johannes D. ist Beschuldigter des in Dresden geführten § 129 Antifa-Ost Verfahren. Er ist kein Teil derer, die derzeitig auf der Anklagebank sitzen, allerdings kann das noch passieren.
Zu allererst: wir senden viel Solidarität und Kraft der Betroffenen! Solch massive Gewalt erleben zu müssen macht uns mehr als wütend und darüber ein Outing zu schreiben und zu veröffentlichen erfordert viel Mut und Stärke. Wir haben vollsten Respekt dafür und stehen Seite an Seite mit ihr. Alle Forderungen, welche gestellt wurden, werden wir nachkommen. Wir unterstützen auch voll und ganz das Statement der Antifa Friedrichshain – in dem Statement wurden u.a. mehrere Punkte aufgemacht, weshalb wir immer wieder und so viele Täter* in den „eigenen Reihen“ haben. In letzter Zeit nehmen Outings zu, was unserer Meinung nach nicht damit zu tun hat, dass es mehr denn je Täter gibt, sondern dass Flintas den Mut haben, die Gewalt, welche sie erfahren müssen, anzusprechen. Weshalb in „unseren Reihen“ so viel Gewalt passiert lässt sich u.a. damit erklären, dass die Szene generell sehr gewaltaffin** ist (wir nehmen uns da nicht aus) – was sich aber nicht nach innen ausdrücken darf,
Deswegen wundert es leider auch nicht, dass ein Beschuldigter im 129 – Verfahren auch ein Täter ist. Wie auch die Antifa Friedrichshain schreibt, stehen Betroffene von Repression oft im Rampenlicht – und vor allem dieses Verfahren erhält viel mediale Aufmerksamkeit.
Generell haben Täter sehr oft gemeinsam, dass sie eine enorme Machtposition innerhalb der Szene haben. Sie sind oft „beliebt“ und allseits anerkannt. Nach außen stellen sie sich häufig feministisch dar, um die Codes und Standards der Szene vermeintlich einzuhalten und somit noch mehr Macht und Anerkennung zu generieren. Die dahinterstehende Logik ist, so schreibt auch die Betroffene, manipulativ. Sie sind meistens sozial gut vernetzt und genießen einen Informations- und Wissenfluss von außerhalb, der ihnen noch mehr Macht gibt. Was leider erst immer wieder durch Outings enttarnt wird: sie sind oftmals die schlimmsten Narzissten. Was das genau bedeutet und was das mit sich bringt, könnt ihr hier nachlesen.
Aber gerade weil ihr Selbstbild und ihre Darstellung nach außen meist die eines Super-Heros ist, der in allem was er macht angeblich glänzt und auch von allen gemocht wird, unabhängig davon, ob sein Verhalten tatsächlich gut zu heißen ist, wundert es auch nicht, dass nicht nur die Szene ihn mit leuchtenden Augen anschaut, sondern auch der Staat.
Wir wollen an dieser Stelle nicht alle von Repression Betroffenen über einen Kamm scheren, wollen nicht sagen, dass all die Zeilen die wir jetzt schreiben, auf alle zutreffen – das ganz bestimmt nicht! Aber wir wollen, ergänzend zum Statement der Antifa Friedrichshain, einen Punkt aufmachen, den wir unserer Auffassung nach selten diskutieren, eben weil er dazu beitragen kann, mackriges, patriarchales und gewalttätiges Verhalten zu entlarven (worin viele, vor allem eben Täterschützer*innen, eben kein Interesse haben) : Repression ist nicht immer ausschließlich „willkürlich“, wie wir es oft nach außen darstellen.
Keine Frage: Repression ist immer scheiße und nicht das Mittel, wie wir Konflikte und Taten, die wie in diesem Outing beschrieben, einfach nur widerlich sind, lösen sollten. Repression ist das Mittel, um bestehende Verhältnisse zu bekräftigen, anstatt sie zu verändern. Das impliziert aber nicht, dass Repression (aus staatlicher Logik) unerklärbar ist.
Der Staat denkt und handelt in aller erster Linie mit Unterdrückungsmechanismen – somit denkt und handelt er auch patriarchal. Täter tun es ebenso. Zwischen den beiden gibt es dementsprechend eine Gemeinsamkeit, die unsere volle Feindschaft zur Folge haben sollte.
Aber eben weil die beiden Gemeinsamkeiten haben, wundert dann die Repression auch nicht, wenn wir sie aus einer staatlichen/patriarchalen Logik her betrachten. Wer sich immer ins Rampenlicht rückt und nach außen als absolut super darstellt, der kann auch attraktiv für staatliche Verfolger*innen sein. Nicht unbegründet werden die sich nämlich fragen, weshalb diese Person bei allen so beliebt und begehrenswert ist.
Als Anti-Knast Gruppe, die aktiv gegen Repression arbeitet, unterstützen wir deswegen manchmal Menschen, deren Taten wir verachten. Wie schon betont: Repression bleibt scheiße und bekämpfenswert, Täterverhalten aber auch! Was sich vielleicht wie ein Widerspruch ließt, meint eigentlich, dass wir in einer wirklich beschissenen Welt leben, in deren Gesamtscheiße wir versuchen, emanzipatorisch zu sein.
Konkret bedeutet das, dass die Betroffene unsere vollste Solidarität erfährt – der Täter wird von uns keine finanzielle Unterstützung bekommen, ebenso werden wir in Zukunft sehr darauf achten, dass er durch Solidaritätsbekundungen im 129 Verfahren nicht noch mehr Macht generieren kann, als er sie offenbar schon hatte. Das offenbar sehr narzisstische Selbstbild darf nicht, und darin sehen wir unsere Verantwortung aber auch in allen Strukturen, welche sich mit dem Verfahren beschäftigen, ansatzweise befördert werden! Verbreitet deswegen das Outing auf allen Kanälen, schützt Flintas und sorgt dafür, dass es nicht noch weitere Betroffene gibt!
Und weiter: an uns, an alle Leser*innen und insbesondere an das Umfeld des Täters und seine Solidaritätsstrukturen: Sollltet ihr euch oder Menschen in euren Strukturen in diesem Text wiedererkennen, sollte Vorsicht geboten sein. Nicht jedes narzisstische Verhalten ist sofort ein Warnhinweis auf die Gefährlichkeit einer Person – das Problem ist allerdings, dass wir narzisstische Verhaltensweisen viel zu oft zu spät entlarven, sodass bis zur Enttarnung schon viel zu viel Gewalt passiert ist – so auch offensichtlich im Bezug auf diesen Täter. Weshalb es auch hier leider mal wieder zu einem Outing kommen musste, weil der Täter selbst und sein Umfeld es nicht schaffte, sein Verhalten zu kritisieren und ihn in seiner Gewalt zu stoppen. Das Outing der betroffenen Person ist, milde gesagt, wirklich heftig. Die Übergriffe und Misshandlungen, die hier angesprochen werden, beschreiben Dimensionen von Gewalt, welche nur ausgetragen werden konnten, weil er in seinem Täter-Verhalten lange geschützt worden ist.
Deswegen schließen wir uns der Betroffenen an und fordern ebenfalls von seinem Umfeld, dass sie sich öffentlich positionieren. Seit wann ist Einzelpersonen und Strukturen bekannt, dass die geoutete Person ein Täter ist und weshalb wurden Flintas, insbesondere die Betroffene, nicht geschützt? Wir fordern das ebenfalls vom Soli-Antifa-Ost Bündnis, weil es öffentlichkeitswirksame Arbeit macht, die den Täter miteinschließt. Es kann wirklich nicht sein, dass fünf Tage nach dem Outing immer noch Tweets abgesetzt werden zum Spenden sammeln von Beschuldigten, oder Beiträge mit Aufrufen zur Solidarität auf dem Blog und Indymedia geteilt werden, aber keine Positionierung zum Outing!
Schützt Flintas und weitere Betroffene, indem ihr euch zum Outing verhaltet, dementsprechend handelt und die gestellten Forderungen einhaltet! Setzt euch mit Patriarchat, rape culture, Macht(missbrauch) und sexualisierter Gewalt auseinander!
Repression und Knäste zu sprengen heißt auch, Patriarchat und die daraus resultierende Gewalt zu sprengen. Denn eine Welt ohne Knäste ist eine Welt ohne jegliche Unterdrückung!
Wir senden der Betroffenen viel Kraft, Solidarität und Respekt für diesen sehr mutigen Schritt zu!
*nicht nur Cis-Männer können Täter sein. Da aber eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Tätern Cis-Männer sind und tätliches Verhalten patriarchalen/männlich sozialisierten Verhaltensmustern entspringt, haben wir uns bewusst für die ungegenderte Schreibweise entschieden.
** Der Begriff der Gewalt wird oft einseitig verwendet, er drückt sich aber auf mehreren Ebenen aus, physisch wie auch psychisch.