Alltag im Frauenknast

Wir haben einer Gefangenen, mit der wir in Kontakt stehen, einige Fragen zu ihrem Alltag, der JVA und dem Umgang der Inhaftierten untereinander gestellt und wollen ihre Antworten mit euch teilen.

Diese sind nicht übertragbar auf alle Knäste und sicherlich auch nicht auf alle Frauen innerhalb der JVA, in der sie derzeit sitzt. Wir finden es aber eine sehr spannende Momentaufnahme von unterschiedlichen Aspekten ihres derzeitigen Alltags.

Zum Hof, in dem sie mit den anderen Gefangenen Hofgang hat, schreibt sie:
Also zum Hof. Der ist nicht groß. Aber dafür grün! Es ist ein eingezäuntes Rechteck. Eine Seite ist Mauer, der Rest Zaun. An der Mauer wächst Efeu, das sieht sehr schön aus. Zwei Bäume, sehr große, eine Kastanie und eine Eiche sowie ca. 10 Bänke sind in dem Hof. Der Boden ist Wiese zum größten Teil. Paar Stellen auch gepflastert. Eine Tischtennisplatte steht auch noch dort. Federball und Hulahoop-Reifen stehen uns während der 1 Stunde Hofgang zur Verfügung und Tischtennisschläger. Ja also ist grün und echt klein, kein Basketballkorb oder ähnliches.“ 

Wie in vielen Knästen gibt es auch hier das Problem der Überbelegung:
Wir sind hier gerade übervoll, laut den Beamtinnen also ca. 70 Frauen. Ich glaube so „normal“ sind 60.“

Das kann dazu führen, dass Lockerungen oder Angebote, die den Gefangenen eigentlich zustehen würde, nicht durchgeführt werden können, weil das Personal dafür fehlt. Es ist für uns nicht einfach, mehr Personal in einer JVA zu fordern, weil wir den Beruf selbst am liebsten abschaffen würden, selbst wenn eine Personalaufstockung zu einer konkreten Verbesserung für die Inhaftierten selbst führen könnte.  Eine für uns tragbare und sicherlich auch viel schneller umsetzbare Lösung für das Problem der Überbelegung sehen wir dagegen in der Entlassung von Inhaftierten, z.B. über Amnestien.

Wir haben unsere Gefährtin außerdem nach dem Umgang der Frauen untereinander gefragt, weil wir dazu immer wieder sehr unterschiedliche Aussagen gehört haben. Oft wurde uns erzählt, die Knäste würden versuchen, die Frauen auseinander zu bringen, und Solidarität zwischen ihnen sei eher selten. In dieser JVA scheint dies allerdings anders zu laufen: 
Auf die Frage des Zwischeneinanders unter Frauen muss ich sagen, dass ich positiv überrascht bin. Als ich hier ankam, haben mir Frauen Kaffee, was Süßes, ne Spezi, … gegeben. Also offiziell über die Beamtinnen. Ich habe auf jeden Fall eher positive Erfahrungen bis jetzt gemacht. Aber ich bin auch auf dem Gang mit den Arbeiterinnen, d.h. sie haben alle Geld und können somit einkaufen, wie ich. In den anderen Gängen sind auch viele Frauen, die kein Geld haben, keine Unterstützung von außen. Wie dort das Miteinander ist, kann ich nicht sagen. Aber es wird sehr viel „geschnorrt“, Kippenstummel gesammelt. Das ist echt heftig und schlimm. Ich geb gerne, aber ja, genauso wie draußen gibt es auch hier Menschen, die das „ausnutzen“ und dann immer bzw. nur zu mir kommen, wenn sie wissen, dass ich nicht nein sage. Und damit meine ich nicht die Frauen, die nichts haben, sondern die, die Möglichkeiten haben zum einkaufen. Naja. 
Aber ansonsten finde ich den Umgang hier eigentlich echt gut. Wenn es jemandem schlecht geht, sind Frauen da, die sie unterstützen. Es wird ab und an miteinander gekocht. Ich spiel öfters mit ein paar Frauen Rommé und so. Klar gibts Zickereien und ja es wird auch manchmal geklaut, aber im großen und ganzen empfinde ich es hier nicht als „Ellenbogen raus“. 

Und bis jetzt habe ich auch nicht mitbekommen, dass Frauen Ärger bekommen haben, wenn sie andere unterstützt haben. Ich glaube, oft sind die Beamtinnen froh, wenn wir uns gegenseitig helfen, dann haben sie weniger zu tun. Also z.B: was beantragt, psychische Unterstützung, allgemeine Fragen, Übersetzungen, …“.

Wir freuen uns immer sehr über Schilderungen des Alltags innerhalb der Mauern, die wir Veröffentlichen können. Die Schilderungen sind, wie oben schon geschrieben, oft von JVA zu JVA und auch innerhalb derselben von Station zu Station, von Person zu Person unterschiedlich. Aber auch dies hilft, der Stigmatisierung von Gefangenen als eine homogene Gruppe entgegenzuwirken. Auch wenn die Schilderungen oben „positiv“ klingen, wollen wir nochmal hervorheben, dass Knäste für uns grundsätzlich ein Ort totaler Kontrolle und Orte der Gewalt sind.

Wir wollen weiter für eine Welt einstehen, in der wir versuchen, die gesellschaftlichen Probleme ernsthaft anzugehen, anstatt sie wegzusperren.