Update 2 aus dem Knast Plötzensee

Nach unserem letzten Update über den Knast Plötzensee erreichten uns wieder neue Berichte, welche wir an dieser Stelle zusammen fassen.

Die Gefangenen erreichte die Mitteilung, das es aufgrund der aktuellen Situation bezüglich der Corona-Pandemie bis auf weiteres zu einer personellen Reduzierung im Bereich der Gruppenleitung vor Ort kommen wird, damit diese wohl geeignete Aufgaben und Arbeitsmodelle übernehmen könnten. Ziel sei es, über die nächsten Wochen hinweg für alle Gefangenen ein Grundangebot an psychosozialer Beratung und Betreuung sicherzustellen.

Das bedeutet konkret:

  • Pro Hafthaus wird sich maximal nur eine Gruppenleitung im Dienst befinden, Gesprächstermine werden nur auf „absolut notwendige Anliegen“ reduziert. Alle „dringenden Anliegen“ werden angeblich weiterhin bearbeitet. Diese seien schriftlich per Vormelder (VG 51) an die Gruppenleitung zu richten. Weniger Personal bedeutet aber immer, dass die Belange der Gefangenen, wie zum Beispiel eine vorzeitige Entlassung oder eine medizinische Behandlung, weniger als eh schon bearbeitet werden.
  • Termine zur Straftatauseinandersetzung werden außerdem nicht im gewohnten Rhythmus erfolgen können. Diese Termine sind bedeutend für eine Entlassung.

Als weitere Maßnahme werden, wie in allen Berliner Knästen, die Besuche zunächst bis zum 5. April 2020 eingestampft. Besuche von Rechtsanwält*innen finden grundsätzlich mit Trennscheibe statt.

Gleichzeitig werden natürlich auch die Gefangenen untereinander isoliert. So berichtet ein Gefangener, dass die GIF-Sitzung am 24.03.20 (GIF =Gesamtinsassenvertretung) von dem Knastbullen Falko van Elsbergen mit der Begründung „Corona“ aufgelöst wurde. Dabei befanden bei der Sitzung nur vier Personen im Raum, genug Abstand konnte deswegen allemal eingehalten werden.

Währenddessen ignoriert die Gruppenleiterin Kerstin Weigant kontinuierlich die Beschwerden der Gefangenen und „kümmert sich um nichts“,  Knastangestellte, wie beispielsweise der HYGIENE(!)-Chef Menzel, latschen in ihren Privat- oder Dienstklamotten und ohne irgendwelche Vorkehrungen ständig durch die Großküche, in welcher die Gefangenen weiter arbeiten müssen.

„Wir bekommen ne Besuchssperre und die Bediensteten gehen rein und raus, wie sie wollen“.

Es ist mehr als offensichtlich, dass es bei all den oben genannten Maßnahmen ausschließlich um den Schutz des Knastpersonals geht und nicht etwa um den Schutz der Gefangenen. Keine sozialen Kontakte nach außen durch Besuchsverbote und kaputte Telio-Telefone, erschwerte Möglichkeit, entlassen zu werden, Isolation unter den Gefangenen, schlechte medzinische Versorgung und keine Möglichkeit, Hygienestandarts einzuhalten.

Solche Zuständen in Plötzensee bestätigt auch der Gefangene Akaki Migrauli. Er berichtet ebenfalls davon, dass die übriggebliebenen Knastangestellten weder Handschuhe noch Mundschutz tragen und keinen Sicherheitsabstand halten würden. Von Desinfektionsmittel haben die Wärter*innen offensichtlich auch noch nie etwas gehört.

Doch auch über Corona hinaus berichtet er vom menschenunwürdigen Verhalten der Bediensteten, besonders durch Herrn Torak aus Haus C. Dieser hat religiöse Wandbilder im Haftraum von den Wänden gerissen und sie mit Füßen getreten. Zudem macht er Akaki für eine Schlägerei mitververantwortlich, bei welcher dieser nur schlichtend eingegriffen hat. Es folgten Einschluss, eine Vorladung vor dem VDL (=Vollzugsdienstleiter) und mehrere Ermittlungensverfahren gegen Gefangene aus dem Haus C.

Akaki berichtet uns auch, dass er eine Epilepsieerkrankung und eine Zyste am Kopf hat. Dazu kommt, dass er seit drei Wochen an starken Halzschmerzen und sehr entzündetem Rachen leidet. Akaki befürchtet nun an Corona erkrankt zu sein und erhoffte sich wenigstens Antibiotika. Allerdings wurde er vom Anstaltsarzt null ernst genommen und erhielt ausschließlich Neoangin- Tabletten, welche nicht halfen. Eine weitere medizinische Behandlung fand nicht statt.

Akakis Bericht ist nur einer von vielen, welcher die oben beschrieben Zustände deutlich macht: Gefangene werden dem Virus wie Freiwild ausgesetzt, während das Knastpersonal nach und nach ausgedünnt wird, um sich vermutlich im sicheren Home Office zurückzuziehen. Weniger Knastangestellte bedeuten für die Gefangenen aber nicht mehr Freiheiten, weil die Gitterstäbe, Zellen und die Schlüssel dazu in den Händen der übrig gebliebenen Wärter*innen bleiben.

Wenn Gefangene vor dem Virus tatsächlich geschützt werden sollen, müssen sich dafür die Knasttore und auch unbezahlter Wohnraum öffnen. In diesen Tagen sollten wir deswegen alle genau mehr denn je dafür kämpfen.

Außerdem: wir dringend die Freiheit aller Gefangenen, vor allem in diesen Zeiten ist, zeigt auch der Tot eines Gefangenen aus dem Knast Tegel. Auch, wenn Leitmedien von Suizid sprechen werden, wissen wir: es gibt keinen Selbstmord im Knast. Knast macht krank, Knast tötet. Deswegen gehört er abgeschafft.