„Der Wärterberuf ist ein Job für Faule, die unbedingt Beamte werden wollen und später für nichts eine fette Pension abkassieren. Das ist der reale Staat.“
Der Gefangene K. schildert in mehreren Berichten den Knastalltag in Moabit. Über die Willkür und Gewalt der Wärter*innen (= in den Berichten oft Schlusen genannt), die Ausbeutung der Gefangenen durch Knastarbeit, die massive Repression, die Missachtung der Belange der Gefangenen und daraus resultierende Gefühle eines Eingesperrten.
Übergriffe durch Wärter*innen gehören zum Knastalltag
„Der Einkauf ist für jeden Inhaftierten das Highlight der Woche. Was passiert, wenn der Einkauf aus Willkür fernbleibt, sah ich Samstag vor zwei Wochen. Stühle und Tische flogen aus der Zelle auf die Hausarbeiter [arbeitender Gefangener, Anmerk. C4F] und die Schlusen bei der Mittagsessenausteilung. Wie gut, dass dem Hausarbeiter nichts passiert ist. Als Dank dafür wurde dann derjenige, der seinen Einkauf nicht bekommen hatte, von den Schlusen in der Zelle vermöbelt und in den Bunker eingesperrt. Seitdem ist er nicht mehr auf unserer Station. Dies war nicht der erste Übergriff der Schlusen auf Inhaftierte. Wenn man sich wehrt, heißt es gleich der Gefangene hätte angefangenen und so wird man dann auch bestraft. Was ist die Stimme oder Aussagen eines Inhaftierten in der JVA gegen Beamte wert? Na nichts natürlich. Beamte dürfen alles gegen einen Bürger!!! Schweine!!! Die Schlusen denken echt sie wären Götter mit Schlüssel. Solche Dilemmer treiben mir nur noch mehr Wut und Hass gegen die Judikative in den Bauch.“
Ausbeutung durch Knastarbeit
„Ich habe mich noch einmal mit einem Hausarbeiter unterhalten… Er darf 5 -6 Tage in Moabit bei Lohnstufe 1 arbeiten. Mir liegt auch die aktuelle Lohntabelle aus dem Lichtblick vor. Ost Stundensatz 7,4 Std/ Tag 1,31 € und im Westen 1,39 € Stundensatz 7,4 Std/ Tag. Das nach 30 Jahren Deutscher Einheit. Das sind wir wert: zwischen 1,31-1,39 €. Wow! Aus glaubhafter Quelle sollen die Hausarbeiter im Tegel die Stufe 3 bekommen. Das sind laut Tabelle Ost 1,75 €, West 1,85 € bei 7,4 Std/ Tag. Also wird auch schon im Knast zwischen Tegel und Moabit unterschieden. Sorry, aber für nicht einmal 2 € die Stunde muss ich mir echt nicht das eckelhafte Gelaber der Schließer anhören, ihrer Willkür ausgesetzt sein, den Knast wischen und deren scheiß Häuser putzen. Vom Müll einsammeln, Essen austeilen und Angriffen der Mitinhaftierten ganz zu schweigen. Der besagte Kollege aus Tegel hat im Jahr über 3000 Std gearbeitet, ohne frei. Bis er sich auf das § 22 Arbeitsgesetz berufen hatte. Und siehe da, die Überstunden wurden gleich mit der Lohnstufe 5 bezahlt (Ost 2,19 €, 7,4 Std/ Tag; West 2,32 €, 7,4 Std / Tag). Dazu kamen noch andere Positionen. Diese alle auszurechnen wäre Zitat der JVA Tegel: ‚zu unfangreich gewesen‘. Z.e. aber bekam er 5.000 € Schweigegeld und sollte auf deutsch die Fresse halten. Unser dumme Staat verstößt in einer staatlichen Einrichtung gegen Gesetze und fördert das auch noch. Ein Hoch auf unsere ungerechte Justiz und den Vollzugsversager Dr. Behrendt. Arschloch!!!“
Belange von Gefangenen: missachtet oder mit Repression beantwortet
„Wollte mich mal wieder melden aus dem Ferienlager der Justiz Moabit. Jeden Tag gibt es hier was Neues. Logik ist hier fehl am Platz. Die Logik rennt Tag für Tag um die Mauern der JVA herum und schafft es nicht in die JVA. Wenn Dummheit wehtun würde, gäbe es hier ein MANV (Massenanfall von Verletzten) in der JVA unter den Schlusen. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Meine Stimmung im Moment ist sehr schwankend. Von Hass und Wut gegen die Judikative bis hin zur Trauer, Verzweiflung und Angst. Echt zum kotzen! Wegen der mangelhaften medizinischen Behandlung und Betreuung beschwerte ich mich bei der Ärztekammer Berlin. Diese schrieben mir zurück, ich solle mich an die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung wenden. Dieses tat ich und bekam am 09.06.2020 sowie am 25.06.2020 Antworten von Frau G., sie leitet meine Beschwerden weiter an die zuständige Leitung der Medizin im JVKB und an die JVA Moabit. Diese werden sich bei mir melden. Macht ja auch wieder viel Sinn. Ich beschwere mich über die JVA Moabit bei der nächst höheren Stelle mit der Bitte um Klärung und die geistreichen Beamten schicken es an die angeprangerte JVA. Klar, dass sich die JVA Moabit positiv äußern wird und sich alles zu Recht drehen wird. Wie immer! So viel zum Thema, dass die Beschwerden der Inhaftierten gehört werden. Auch verstößt die JVA seit einem Monat gegen das Patienten Rechtgesetz und den § 630g BGB. Sie dürfen Gesetze missachten und brechen. Selbst einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wird hier ignoriert. Aber wenn der kleine dumme Bürger gegen etwas verstößt, dann ist das Geschrei groß und es wird gegen uns durchgegriffen. Das ist Deutschland! Schande!“
Mittlerweile schrieb K. auch schon eine dritte Beschwerde an die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, bei welcher er Einsicht in seine sogenannte „Patientenakte“ fordert.
„Am 01.07.2020 antwortete mir ein Herr Bluhm mit folgenden Wortlaut: ,Nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesse, können aus der Gesundheitsakte Einträge in kopierter Form ausgehändigt werden. Sollten sie ein solches berechtigtes Interesse haben, bitte ich um Darlegung desselben.‘ Was hält man davon? Für mich ist Herr Bluhm ein gesetzesresistenter Beamter, der die Rechtsprechung des PatRG, des BGB sowie Beschlüsse des BVerfassungsgerichtes ignoriert und sich eigene Gesetze bastelt. Woher nimmt sich der Herr die Frechheit raus zu sagen, dass mir nur bei berechtigtem Interesse ein Auszug zustehe? Wo bitte steht das geschrieben? Möchte ich sehen. Im Gegenteil, dem Patienten ist gem. § 630g Abs.1 Satz 1 BGB auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die betreffende Patientenakte zu gewähren. Komme mir hier vor wie im Kindergarten!“
K. schrieb außerdem eine Beschwerde wegen der schlechten Lebensmittelversorgung.
„Die Retourkutsche war heute Abend [13.07.20] eine Zellendurchsuchung und Leibesvisitation. Die Suite sah danach aus wie ein Schlachtfeld.“, so die Angehörigen.
Knastgefühle
„Es ist sehr schwül und an die 30°c warm. Die Luft steht in der Suite und das merkt man auch. Das Wasser läuft dem Rücken herunter und man darf nur 2 x die Woche duschen… Verschwitzt und klebrig übers Weekend, währenddessen man am Fenster steht und frische, staubfreie Luft schnappt. Es ist gerade Gewitter und ein toller Moment entsteht, wenn sich ein Regentropfen auf die Haut und Gesicht verirrt. Ein echt schöner Moment. Aber die Gedanken weiter bei der Freundin, die gerade bei meinen Eltern zu Besuch ist. Die Besuch meiner Freundin am Freitag, ein Tag zuvor, sollte nie zu Ende gehen. Aber nach 1 Stunde hieß es ‚kommen Sie bitte zum Schluss‘… Traurigkeit und Betrübtheit machten sich breit…Der Staat löst in uns Minderwertigkeitskomplexe aus und lässt uns an allem zweifeln. Entlassen werden wir als menschliche Häufchen Elend und sind zu nix mehr zu gebrauchen. Justizzombies halt. Werden wir nach der Entlassung die Fußabtreter der Gesellschaft sein? Ich schäme mich ein Deutscher zu sein.“