Dass es auch andere Haftformen neben dem Regelvollzug, wie Abschiebehaft, Sicherheitsverwahrung aber auch den Maßregelvollzug gibt, wird oft vergessen. Michael Stadler, ein Gefangener, mit dem wir seit längerem Kontakt haben, berichtet uns von den schlechten Bedingungen im Maßregelvollzug und was diese für die Inhaftierten bedeuten.
Maßregelvollzug (MRV) ist eine Form von Einsperrung, die ohne das in Aussicht setzen einer Endfrist vollzogen wird. Die ‚Unterbringung‘ (Einsperrung) im MRV basiert auf §63 des deutschen StGB, der wie folgt lautet:
§63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. (…) “
Das bedeutet, dass Menschen, die zum Tatzeitpunkt als „(vermindert) schuldunfähig“ eingestuft werden, so lange im MRV eingesperrt bleiben, bis mittels eines Gutachtens (1 Mal pro Jahr nach §67 StGb) entschieden wir, dass diese „nicht mehr für die Allgemeinheit gefährlich sind“.
Fällt das Gutachten negativ aus, wird die Person ein ganzes weiteres Jahr eingesperrt und ihrer Freiheit beraubt.
Im psychatrischen MRV gem. §63 StGb sind 2012 erstmals mehr Menschen für fünf Jahre und länger untergebracht als Strafgefangene mit einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von mehr als fünf Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe. 25% aller deutscher Psychatriebetten stehen im MRV.
Einmal im MRV untergebracht, erfolgt Medikamention und Therapie zwangsweise, auch kommt es zu Fixierungen mit Gewalt- und Traumapotential.
Michael Stadler, ein Gefangener, mit dem wir seit längerem im Kontakt sind, der im Krankenhaus des Maßregelvollzugs Olbendorfer Weg in Berlin eingesperrt wird, berichtet uns verschiedenes erschreckendes.
Bei Michael wird nur alle 3 Jahre mittels eines Gutachtens beurteilt, ob er frei kommt. Das bedeutet, dass er nur alle 3 Jahre die Chance auf Freiheit hat – ein negatives Gutachten heißen für ihn 3 Jahre länger Haft.
Er schreibt von Isolation und Zwangsmedikamention mit Neuroleptika, die erfolgt damit man eine Chance auf Ergotherapie oder Arbeitstherapie hat. Die Medikamente haben dabei schwerwiegende Nebenwirkungen auf die Psyche und das Wohlbefinden der Gefangenen, wie Michael berichtet. Auch werden diese teilweise willkürlich wieder abgesetzt, was für Gefangene sehr schwierig ist.
Das Personal im MRV Olbendorfer Weg greift bei Angriffen auf Gefangene nicht ein und für Michael erfolgt ein lebenslängliches Wegsperren, das nur durch einen Gutachter bezeugt wird.
Michael freut sich über Briefkontakt und Postkarten, seine Adresse lautet wie folgt:
Michael Stadler
Station 1A
Krankenhaus des Maßregelvollzugs
Olbendorfer Weg 70
13403 Berlin
Zuletzt möchten wir euch noch sehr das Buch „Vorbeugende Anhaltung. Der Maßregelvollzug. Das Schwarze Loch im Psychatrieuniversum“, geschrieben von Ulrich Lewe ans Herz legen. Viele der Fakten, die in dem Text genannt werden, basieren auf dem Buch.