Von Moabit nach Wulkow: Tag der Verlegung

Kay wurde vor einigen Tagen, auf seinen Wunsch hin, aus dem Knast Moabit nach Wulkow verlegt. Die Verlegung beschreibt er folglich detailliert, sodass ein Eindruck davon entsteht, wie sie ablaufen kann.

Teil 1 der Serie: Von Moabit nach Wulkow

Morgen folgt Teil 2: Ring frei – Knastvergleich Moabit vs. Wulkow

Am 11.05.2021 ging ich mit anderen Schutzbefohlenen meiner Station TA1 C1/C2 der JVA Moabit auf die morgendliche Freistunde die um 07.20 Uhr stattfand. Draußen angekommen unterhielten wir uns und rauchten gemeinsam ein paar Zigaretten. Nach gut zwei Stunden Aufenthalt im Freien ging es unter dem Brüller: „Einrücken“ wieder zurück auf Station. Ich machte mich bereit für das Duschen. Nach einer Weile öffnete sich meine Tür und ich wollte zum Duschen gehen. Die Schluse sagte: „Packen sie ihre Sachen, sie werden nach Wulkow verlegt, in dreißig Minuten komme ich wieder“. Ich trat ihm entgegen und erwiderte: „Nach 14 Monaten U-Haft geht dies nicht so schnell, ich habe viel zu packen“. Er erwiderte:“ beeilen sie sich“. Ich darauf: „Der Knasttransport wird schon nicht ohne mich fahren, außerdem bestünde der Transport nicht erst seit heute, sondern ist vermutlich seit längerem bekannt und wenn sich die Schlusen in Moabit nicht absprechen können und mir einen Tag vorher Bescheid geben hätten, so ist dies nicht mein Problem!“ So verging ca. eine Stunde mit Hilfe des lieb gewonnenen Hausarbeiters, bis ich fünf prall gefüllte blaue Säcke voll hatte. Es ging in die Hauskammer. Dort angekommen, erklärte mir der Herr:“ Alles muss aus den blauen Säcken in die Kartons“. Ich dachte mir nur:“ Alter, echt jetzt, warum habe ich erst alles in die Säcke gestopft, wenn es sowieso wieder ausgepackt werden muss“. Naja sei es drum. Nach ca. weiteren 45 Minuten auspacken, registrieren, einpacken und verplomben war alles in Kartons verstaut.

Zwischendurch keiften sich am Telefon meine Transportführerin der Berliner Fahrbereitschaft und die Hauskammer an, warum das alles so lange dauert. Die Hauskammer: „wir packen noch die Kisten mit dem Hab und Gut“. Die Transportführerin der Fahrbereitschaft: „es wird nur Handgepäck mitgenommen“. Die Hauskammer: „Nein, es geht alles mit“. Es ging ein paarmal so, hin und her, bis die Hauskammer wutentbrannt den Hörer aufs Telefon knallte. Ich stand da und dachte mir: „Tja das ist die Justiz, wenn die eine Abteilung die Andere nicht ab kann“. Der Hauskammerchef brachte mich persönlich zur Durchleuchtungsanlage, da mein Handgepäck durchleuchtet werden musste. Vor der Tür wartend, standen dort ein Rudel Schlusen und unterhielten sich. Dazu stießen der stellvertretende Leiter der TA1 sowie Frau Martha Wedra Leiterin der TA1 der JVA Moabit. Sie schienen glücklich und erleichtert zu sein. Warum, das kann ich nicht nachvollziehen. 😉

Mein Handgepäck war fertig zur Abfahrt und wir gingen zum Hof wo der Transporter stand. Ich drehte mich noch kurz um und äußerte sinngemäß: „Frau Wedra, ich hoffe sie bearbeiten mein Schreiben und lassen die gesetzte Frist bis zum 14.05.2021 nicht wieder fruchtlos verstreichen- wo der Briefumschlag des Bundesverfassungsgericht geblieben ist, meine neue Adresse haben sie ja“. Es ging darum: Ich erhielt ein Schriftstück vom Bundesverfassungsgericht, allerdings ohne Briefumschlag. Nun wird gerätselt, ob das zuvor genannte Schriftstück via Brieftaube oder via der Eule Hedwig von Harry Potter den Weg von Karlsruhe in den Moabiter Postverteiler gefunden hat. Die Situation zwischen der Leitung Frau Anke Stein sowie Frau Martha Wedra und mir war seit Mai 2020 explosiv. Einhergehend mit der Weigerung und Unterdrückung des Artikel 5 GG sowie Artikel 10 EMRK (Presse- und Meinungs-freiheit) um die Nummer der Redaktion der Lichtblick frei geschaltet zu bekommen über exorbi-tanten Telio Preisen, aufgedrückte Überprüfungs-und Versiegelungskosten die der Sicherheit der JVA Moabit dienen, Augenzeugenbericht zum Mord an Ferhat Mayouf bis hin zu willkürlichen, repres-siven und menschenunwürdigen Maßnahmen mir gegenüber. All dieses ließ ich nicht unbeantwortet und setzte mich für gerechtfertigte Belange der Schutzbefohlenen ein, da auch diese mich betrafen! Beim Transporter angekommen, ging die Diskussion um mein Hab und Gut in die nächste Runde. Die junge Transportführerin der Justiz Fahrbereitschaft fuhr ihre Krallen aus vs. der Hauskammerchef von Moabit zog sich die Boxhandschuhe an. Gong, Ring frei.

Während lautstark diskutiert wurde unterhielt ich mich mit dem netten Fahrer und wir schüttelten beide unsere Köpfe. Ich erhielt noch ein Lunchpaket mit zwei geschmierten Schnitten, ein Apfel und ein Liter Wasser. Der Fahrer startete den Motor, damit die Klimaanlage ihre volle Wirkung entfalten kann. Das Fahrzeug stand in der prallen Sonne und im Tacho erschien die 29 Grad Außentemperatur. Ich verspürte ein kleines Hüngerchen und aß den Apfel. Plötzlich stürmte die wütende Justizfurie hinein und pflaumte mich voll, warum ich in ihrem Transport kaue, Essen ist verboten und schaltete die Klimaanlage aus. Ich sagte sinngemäß: „Das Lunchpaket ist keine Deko und darf verzehrt werden, sehen sie lieber zu, dass mein Krempel an Bord kommt und wir loskönnen“. Der Fahrer schaltete erneut die Klimaanlage ein und grinste mich an. Das Resultat aus der dreißigminütigen Diskussion:“ Mein Handgepäck fand Platz sowie zwei von fünf Kartons“. Na Bravo. Der Rest wird via Transport nach geschickt. Soviel zum Thema die Behörde ist Klimafreundlich, CO2 neutral und Umweltbewusst. Mit Verlaub so wird das Nichts.

Nach ca. sechzigminütiger Fahrt via Kreuz Oranienburg und Nassenheide Ankunft in der JVA Nord-Brandenburg Teilanstalt Neuruppin Wulkow im wunderschönen Bundesland Brandenburg. Mir wurde freundlich eröffnet, da ich Strafgefangener bin besteht die Pflicht des Tragens von Anstaltskleidung. Bin darüber nicht sehr erfreut aber naja. Meine Klamotten sind braun gehalten und ich sehe nun aus wie ein brauner, knuddeliger Teddybär. Nach ca. einer Stunde in der Hauskammer und Dokumentationsarbeit ging es auf die Station. Dort angekommen war ich jedoch überrascht wie sauber, aufgeräumt und großzügig die Haftsuite ist im Gegensatz zu Moabit, wo selbst schon der Betonboden bröckelte. Dies hier ähnelt leicht einer Kajüte der Fähren die über die Ostsee schippern. Separate Nasszelle mit WC und Waschbecken abgegrenzt durch einer Tür sowie einem großen Fenster. Ich fragte, ob ich meine Angehörigen anrufen könnte, dass ich sicher angekommen bin. Fünfzehn Minuten später stand die Sozialtante vor meiner Tür und bat mich zum Telefonat. Die Spätschicht gab mir auf Nachfrage sämtliche Anträge sowie Schreibutensilien. Diese ratterte ich ab und sie wurden sogar noch bearbeitet. So erhielt ich innerhalb von ca. einer Stunde die ersehnte Teliocard um später mit meinen Angehörigen zu telefonieren. In Moabit nach Lust und Laune der Schlusen drei bis vierzehn Tage Bearbeitungszeit/ Aushändigung. (…)